Wie ich Körpertherapeutin wurde
“Der Körper – das Geschichtsbuch unseres Lebens. Um heil zu werden, sind wir eingeladen, darin zu lesen.”
Christine Luggen
Die unsichere Einäugige
Seit Geburt sah ich mit einem Auge nicht, deshalb schickten mich meine Eltern früh in den Ballettunterricht. Dort strengte ich mich sehr an, um gesehen zu werden. Ich war ständig in Not. Ich bewegte mich zwar ausdrucksstark, fühlte mich jedoch sehr unsicher und wackelig auf meinen Beinen.
Heute bin ich Körpertherapeutin, Coachin für neurosystemische Integration, Komplementärtherapeutin der Methode AlexanderTechnik, Kursleiterin, Tänzerin und Mutter von zwei erwachsenen Töchtern. Mit verkörpertem Wissen.
Befreiung durch Tanzimprovisation – Eine neue Art des Seins
Viele Jahre später, nach diesem anstrengenden Anfang im Ballett, entdeckte ich die Tanzimprovisation für mich. Das geschah während meines dreijährigen Aufenthalts in New York. Dort merkte ich, dass Loslassen entscheidend ist. Es half mir, aus dem Strikten herauszukommen und kreativ zu werden, im Moment zu sein.
Es war ein Türöffner in eine neue Art des Seins. Von nun an probierte ich überall in meinem Leben zu improvisieren. Ich wollte frei sein.
Von der Körpertherapie auf die Bühne
Es folgte meine Tanzausbildung im Neuen Tanz in Holland. Dort kamen Themen wie Spiritualität, Therapie und Kreativität zusammen.
Innehalten, Impulse wahrnehmen, Bewegung geschehen lassen – dies war die Art und Weise, wie wir uns der Bewegung annäherten. Durch achtsame Berührung unterstützten wir unsere Bewegungen. Körperarbeit war Teil unserer täglichen Praxis.
Die Erfahrungen, die wir dabei machten, brachten wir in Form und Struktur. Die so entstandenen Stücke performten wir anschließend auf der Bühne.
Die Magie der Berührung
Die Körpertherapie in meiner Tanzausbildung war unter anderem von der AlexanderTechnik geprägt. Ich empfand sie als sehr heilsam. Es faszinierte mich, was Berührung in mir und anderen auslöste. Diese Art der Berührung hatte etwas Magisches an sich.
Die Berührungen luden mich ein loszulassen und mich körperlich neu auszurichten. Ich konnte mich so von alten, ungünstigen Bewegungsmustern verabschieden. Dadurch entstand Raum für körpergerechteres Bewegen. Das Tanzen fühlte sich leicht und fliessend an. Es war wie Fliegen.
Ich wünschte mir, auch so berühren zu können. Deshalb habe ich, zurück in Zürich, die Ausbildung als Körpertherapeutin in der Methode AlexanderTechnik durchlaufen. In dieser 3-jährigen Ausbildung lernte ich, meine Hände auf einfühlsame, einladende Weise mit KlientInnen einzusetzen.
Körper und Trauma
In meiner Ausbildung in Tanzimprovisation kam ich früh in Kontakt mit dem Zusammenhang von Körper und Trauma. Damals hatte ich noch nicht die richtigen Worte für das, was sich in meinem Innern durch die Körperarbeit löste. Diese Erfahrung legte jedoch den Grundstein für meinen Weg der Integration und Heilung.
Irrwege und was ich daraus gelernt habe
Auf diesem Weg begegnete ich zahlreichen Methoden. Die einen waren hilfreich, andere weniger. Im Bereich der Spiritualität begegnete ich Methoden, die nicht traumasensibel waren. Sie folgten alten Vorgehensweisen. Dazu gehörte das kathartische Ausagieren von Gefühlen. Sie wollten das Schwierige loswerden.
Mein System ging da in Widerstand - zum Glück. Das bewahrte mich vor Retraumatisierungen und warf viele Fragen auf. Ich lernte, besser zu unterscheiden, was mich bei meiner Traumaintegration sicher unterstützt. Ich kämpfte nicht länger gegen mich selbst an. Stattdessen lernte ich meinem Inneren wohlwollend und akzeptierend zu begegnen.
Der Körper als Geschenk
In der Tanzimprovisation erfuhr ich, dass der Weg über den Körper zu einer besonderen Verbundenheit führt. Diese Art der Verbundenheit ist über den Kopf alleine nicht möglich. Ich hatte mich selber durchanalysiert, warum ich war, wie ich war. Das brachte mich jedoch nicht weiter.
Erst durch die Körpertherapie entstand in mir ein Gefühl von nach Hause kommen. Ich würde es so beschreiben, dass ich erlebte, wie Körper und Geist zusammenkommen und nicht getrennt voneinander sind. Ich lernte den Körper als Geschenk anzusehen, der mir den Weg weist, durch meine innere Landschaft.
Traumasensibles Begleiten mit neurosystemischer Integration
Auf meinem Weg der Integration meiner Bindungs- und Entwicklungstraumata kam ich 2021 zur neurosystemischen Integration. Diese Ausbildung half mir, vieles, was ich intuitiv aus meiner Tanzimprovisationspraxis «gewusst» habe, auf eine solide, praktische und theoretische Basis zu bringen.
Mit der neurosystemischen Integration habe ich nun die nötigen Werkzeuge, um andere Menschen in diesem Prozess traumasensibel zu begleiten.
Wohlwollende Beziehungspflege mit meinem eigenen Inneren
Nach der Ausbildung in neurosystemischer Integration hatte ich das Bedürfnis, eine Praxis zu finden, in der ich die innere Anteilearbeit für mich selber weiter vertiefen kann. Das führte mich zum Inner Relationship Focusing, welches ich regelmäßig für mich selber praktiziere.
Inner Relationship Focusing hilft mir, in Verbindung mit meinen inneren Anteilen zu kommen. Es unterstützt mich, sie zu erkennen und ihnen zu begegnen, sodass sie sich integrieren können.
Am Inner Relationship Focusing mag ich, dass der Weg über den Körper ein wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses ist.
Gesehen werden – ein Urbedürfnis
In diesem Prozess erfahre ich, dass das, was mich belastet, ein Teil in mir ist. Es hilft mir, mich von diesem Teil zu disidentifizieren. Damit dieser Teil sich wandeln kann, braucht er die Sicherheit meiner Präsenz.
Dieser Teil möchte von meiner Präsenz anerkannt und gesehen werden. Ebenso braucht er die Gewissheit, dass er genau so sein darf, wie er ist.
Ich verstehe nun, dass es immer einen guten Grund für die Anwesenheit solcher Teile gibt. Eigentlich wollen sie das Beste für mich.
Mein Herzenswunsch als Körpertherapeutin
Ich erlebe eine tiefe Verbundenheit mit meinem Körper, Geist und Seele. Diese Verbundenheit möchte ich mit Menschen teilen, die sich auf den Weg der Integration begeben möchten oder bereits auf ihm sind. Für sie und mit ihnen da zu sein, den Raum für ihre Prozesse zu halten, ist mein Herzenswunsch.
Der rote Faden in meinem Leben
Die Auseinandersetzung mit meinem Körper zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Heilwerden auf ganzheitliche, traumasensible Weise. Aus dieser Auseinandersetzung erschließt sich mir meine innere Weisheit.
Mir ist es wichtig, dass ich das, was ich anbiete, am eigenen Körper erfahren habe. Das gibt mir Sicherheit in der Arbeit mit meinen KlientInnen.
Dein Körper als sicherer Ort
Mein Anliegen ist es, dass die Menschen, die zu mir kommen, ihren Körper als sicheren Ort kennenlernen. Ich möchte sie darin unterstützen, in eine tiefe Verbundenheit mit sich selbst zu kommen.
Um aus dieser neu gewonnenen Verbundenheit Kraft, Mut, Kreativität, Freude und Leichtigkeit für ihr weiteres Leben und ihre Beziehungen zu schöpfen.